Social Media-Trends wie das Wes Anderson Reel inklusive Musik umsetzen

Social Media-Trends wie das Wes Anderson Reel inklusive Musik umsetzen – aber legal!

Written by
Archetype Redaktion

Musikrechte einfach erklärt

Trends auf Social Media: Eine beliebte Methode, die es Unternehmen, Influencern und Privatpersonen ermöglicht, mehr Reichweite für ihre Kanäle zu erreichen. Aktuell kommt man beim Scrollen auf TikTok und Instagram kaum noch an Videos im Stil von Wes Anderson vorbei, die mit einem Lied aus dem Film „The French Dispatch“ hinterlegt sind. Die Jerusalema Challenge ist für Trends auf Social Media ebenfalls ein bekanntes Beispiel. Doch sobald Musik ein essentieller Bestandteil von viralen Videos wird, ist Vorsicht geboten und es gilt einiges zu beachten, um nicht aufgrund fehlender Lizenzen abgemahnt zu werden, wie es kürzlich Influencerin @Carmushka erleben musste.

Ich will ein trending Reel oder TikTok drehen – was muss ich beachten?

Wir bei Archetype sind den Prozess einmal selbst durchgegangen, um alle eventuell auftauchenden Fragen zu sammeln. Wir wurden auf den Wes Anderson Trend aufmerksam, haben uns durch die vielen TikToks und Reels inspirieren lassen und spontan entschieden: Da machen wir mit!

Vor Drehbeginn und Veröffentlichung ist jedoch wichtig, zu unterscheiden, um was für eine Art Account es sich handelt.

  • Privatpersonen laufen meistens eher keine Gefahr, abgemahnt zu werden.
  • Sobald jedoch ein Unternehmen oder eine Gewinnabsicht bei einem Account zu erkennen ist, wird es heikel. Auch für Influencer und Content Creators gilt das!

Archetypes Instagram-Account ist klar der zweiten Kategorie zuzuordnen. Somit stand von Anfang an die Frage im Raum: Dürfen wir den Filter mit der Originalmusik überhaupt nutzen?

Diese Frage stellen sich wahrscheinlich die meisten Personen und Unternehmen, die einen Trend nutzen möchten. Auch wir haben uns deshalb rechtlichen Beistand geholt und die Gefahr einer Abmahnung einschätzen lassen. Als die entsprechenden Fragen geklärt waren, konnten wir mit der Produktion loslegen.

Videodreh, Schnitt und Veröffentlichung

Wir empfehlen, vor Drehbeginn ein Storyboard zu erstellen, also alle wichtigen Szenen mit entsprechenden Personen und Accessoires vorab festzulegen. So reduziert sich die Drehzeit massiv (und somit die verwendete Arbeitszeit der involvierten Personen). Trotzdem solltet ihr natürlich etwas Zeit hierfür einplanen. Als Richtlinie: Wir haben etwa 45 Minuten Drehzeit mit dem Team benötigt.

Anschließend wird das Reel geschnitten: Entweder direkt auf Instagram (was sich anbietet, wenn man den Filter mit Originalmusik verwenden möchte), über Apps auf dem Handy, oder am Computer über Programme wie Adobe Premiere Pro. Diesen Service bieten wir übrigens auch unseren Kund*innen an.

Beim Upload auf Social Media behalten wir im Blick, wann die Zielgruppe online ist, teilen und kommentieren das Reel nach Veröffentlichung über Privatprofile und erzeugen somit kurz nach Veröffentlichung viel Interaktion. Meistens beeinflusst das den Algorithmus der Plattform positiv. Unser Digital-Team berät seit Jahren verschiedene Kund*innen zu möglichen Inhalten und viralen Trends. Wir entwickeln Kanalstrategien und setzen auch gemeinsam unterschiedliche Projekte um, von TikTok über Pinterest und LinkedIn bis Instagram. Interesse? Schreibt uns gern eine Email!

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Für unseren Videodreh haben wir uns entsprechend angezogen. Eure Mails lesen wir aber trotzdem immer.

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Musikrechte: Interview mit dem Experten Dr. Thomas Schwenke

Um auch rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, arbeiten wir schon lange mit dem renommierten Experten Dr. Thomas Schwenke zusammen. Er hat uns in einem Interview einige Fragen zu diesem Thema beantwortet und bringt Licht ins Dunkel der undurchsichtigen Musikrechte und Abmahnungswellen.

Wer darf die Musik auf TikTok und Instagram kostenlos nutzen – und wer nicht?

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, zwischen den Musikbibliotheken, die auf den Plattformen zur Verfügung stehen, zu differenzieren. Die meisten Nutzer sind mit der regulären Musikbibliothek vertraut, die Charts und andere bekannte Musikstücke enthält. Allerdings ist die Verwendung der Musikstücke aus dieser Bibliothek nur für private und nicht-kommerzielle Zwecke gestattet. Diese Regelung ergibt sich sowohl aus Metas Musikrichtlinien, als auch aus TikToks „Nutzungsbedingungen für Musik“.

Unternehmen, Behörden, NGOs oder kommerziell agierende Influencer dürfen diese Musikstücke nicht nutzen. Ihnen stehen lediglich der „Kommerzielle Katalog“ von TikTok und die „SoundCollection“ von Meta zur Verfügung. Diese Musikbibliotheken enthalten allerdings eher generische oder weniger bekannte Musikstücke statt Charts.

Die rechtliche Situation für Unternehmen scheint klar zu sein, aber wie sieht es bei Influencern aus?

Bei Influencern ist die Antwort nicht ganz so einfach, da die Grenze zwischen privater und kommerzieller Tätigkeit oft verschwimmt. Die Faustregel lautet: Postings gelten auf jeden Fall als kommerziell, wenn sie als „Werbung“ gekennzeichnet werden müssen. Dies ist immer der Fall, wenn Influencer für ihre Postings eine Bezahlung, Einladungen oder andere Vorteile erhalten.

Laut Bundesgerichtshof ist eine Werbekennzeichnung aber auch dann erforderlich, wenn Influencer Produkte selbst erworben haben, diese jedoch werblich hervorgehoben präsentieren. Sie werben in diesem Fall für ihre Qualitäten als Influencer und handeln somit geschäftlich.

Nur wenn Influencer ohne jeglichen kommerziellen Hintergrund als Privatpersonen „aus ihrem Leben“ berichten, kann von einem privaten Posting ausgegangen werden. In diesem Fall wäre auch die Nutzung von Chartmusik zulässig. Wobei auch hier ein gewisses Restrisiko, wenn auch m.E. ein geringes, besteht, dass Gerichte auch jedweder Nutzung im Rahmen eines monetarisierten Kanals als kommerziell einstufen könnten.

Müssen nun Influencer, Unternehmen und andere Accounts mit kommerzieller Absicht alle alten Reels mit Musik löschen?

Es ist sicherlich ratsam, alle älteren Inhalte auf mögliche Verstöße gegen die genannten Musikregeln zu überprüfen. Es hat sich in der Vergangenheit häufig gezeigt, dass bei Abmahnungen nicht nur aktuelle, sondern auch zurückliegende Postings geprüft und abgemahnt werden.

Könnte man nicht einfach ein Lied selbst einsingen oder mit Klavier oder Gitarre einspielen? Wie stark müsste ein Lied verändert werden, damit es in Ordnung wäre? (Cover)

Auch bei einem Musikcover ist eine Lizenz erforderlich, und es wird umso aufwendiger, je stärker das Musikstück abgewandelt wird. Lizenzen für werkgetreue Musikcover können bei der GEMA, einer Verwertungsgesellschaft für Musikrechte, erworben werden. Aber diese Lizenz deckt nur eine werkgetreue Wiedergabe der Musik sowie des Textes ab und lässt nur unwesentliche Varianzen zu (z.B. anderes Tempo, Spielen von Ausschnitten, etc.). Wer das Musikstück jedoch stark verändert (z.B. nur Teile daraus in ein eigenes Musikstück übernimmt), benötigt die Zustimmung der Rechteinhaber selbst.

Ist die kommerzielle Nutzung von Musik im Rahmen von Memes, wie den aktuellen Wes Anderson Memes, zulässig?

Die Rechtslage bezüglich der Verwendung von Musik in Memes ist unklar. Eine erst 2021 in das Gesetz eingefügte Ausnahme erlaubt die Verwendung fremder Werke für „Karikaturen, Parodien und Pastiche“ (§ 51a UrhG) auch ohne Erlaubnis der Urheber (auch bekannt unter dem Schlagwort „Recht auf Memes“). Voraussetzung dafür ist, dass nicht nur eine bloße Kopie angefertigt wird, sondern das ursprüngliche Werk verändert oder mit Satire, Kritik oder Ähnlichem angereichert wird. Die Wes-Anderson-Memes sind an sich Parodien, aber die verwendete Musik wird nicht verändert. Das verwendete Musikstück, „Obituary“ von Alexandre Desplat, ist jedoch in dem Wes Anderson-Film „The French Dispatch“ erschienen. Ob dies ausreicht, um die Musik in das Meme einzubeziehen und so als eine zulässige Parodie oder Pastiche zu betrachtet, lässt sich derzeit nicht eindeutig sagen. Da das Gesetz sehr neu ist, gibt es noch keine klärende Rechtsprechung.

Trotz dieser Unsicherheit halte ich das Risiko dennoch für weitaus geringer als bei anderen Arten der Musiknutzung. Zumindest solange das Meme nicht direkt als Werbemittel für Produktwerbung eingesetzt wird.

Wie hoch ist das Risiko einer Abmahnung – und steigt dieses mit der Anzahl der Follower?

Die Anzahl der Follower ist ein relevanter Faktor, denn mit steigender Reichweite erhöht sich auch der mögliche Schadenersatz. Dieser richtet sich nach den Lizenzgebühren, die sonst zu zahlen gewesen wären und die in der Regel von der Reichweite abhängen. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Rechteinhabern die rechtswidrige Nutzung meldet. Das Risiko erhöht sich zusätzlich, wenn der Rechtsverstoß klar erkennbar ist. So ist das Risiko bei der oben genannten Nutzung im Rahmen einer Parodie, auch wenn rechtlich unklar, wesentlich geringer, als wenn ein Chart-Hit für Produktwerbung verwendet wird.

Ist es sicherer Videos, die selbst Musik enthalten, hochzuladen?

Das Hochladen von Videos mit eigener Musik stellt keinen sicheren Ausweg dar. Ein Beispiel dafür sind Polizeidienststellen in Nordrhein-Westfalen, die zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet waren, weil sie Videos für die “Jerusalema-Challenge” auf TikTok gestellt hatten. In diesen Videos tanzten sie zu einem Song des südafrikanischen Künstlers Kgaogelo Maogi. Dabei handelte es sich nicht um eine Parodie, da die Musik nur der Untermalung diente. Auch war sie kein Zitat, da dieses urheberrechtlich nur dann zulässig ist, wenn die Musik als Beleg für eigene geistige Ausführungen ist (z.B. kürze Musikauszüge bei Rezensionen). Ebenso handelt es sich bei bewusst gewählter und für ein Video prägender Musik nicht um ein sog. „unwesentliches Beiwerk“. Das läge z.B. vor, wenn in einem Clip Musik aus einem zufällig vorbeifahrenden Auto zu hören ist.

Kann eine Lizenz für die kommerzielle Nutzung bei der GEMA erworben werden?

Grundsätzlich ja, solange die Musik nicht für Werbezwecke eingesetzt wird. Dies ist der Fall, wenn die jeweiligen Reels oder TikToks konkrete Produkte bewerben oder die Vorzüge eines Unternehmens herausstellen. In diesem Fall müssen die Rechteinhaber direkt kontaktiert werden. In solchen Fällen sollte man auf jeden Fall eine rechtliche Prüfung durchführen lassen. Ein Clip beispielsweise, in dem Auszubildende die Vorzüge ihres Arbeitgebers darstellen, wäre z.B. eher als werbend einzustufen.

Ist man mit lizenzfreier Musik auf jeden Fall auf der sicheren Seite?

Bei freier Musik ist das Risiko einer Abmahnung erheblich geringer und der Schadenersatz fällt in der Regel ebenfalls gering aus. Allerdings ist „freie“ Musik nie wirklich frei von jeglichen Nutzungsbedingungen. Es gelten bestimmte Vorgaben, meistens zumindest die Pflicht zur Nennung des Urhebers, die man auch im Video sicherstellen sollte. Aber auch hier besteht ein Restrisiko, da sich die Plattformen vorbehalten, die hochgeladene freie Musik auch ohne diese Vorgaben zu nutzen. D.h. mit einem Upload würde man möglicherweise zu einem Lizenzverstoß beitragen.

Ist der Kauf von Musiklizenzen, die Social Media Nutzung erlauben, sicher?

Generell kann man sagen, dass der Erwerb von Musik, die explizit für Social Media-Zwecke angeboten wird, die sicherste Lösung ist. Allerdings sollte man etwaige Gewährleistungsrechte gegenüber dem Verkäufer durchsetzen können. Denn es gibt keinen Gutglaubensschutz im Urheberrecht.

Das bedeutet, auch wenn eine Lizenz vom Verkäufer zugesichert wird, muss das nicht der Wahrheit entsprechen und könnte in diesem Fall zu einer Abmahnung führen. Sitzt der Verkäufer anonym im Ausland, wird sich die Geltendmachung der entstandenen Abmahnkosten als schwierig bis praktisch unmöglich gestalten.

Stand des Interviews: 22.5.2023

Zum Interviewten

Dr. Thomas Schwenke
Dr. Thomas Schwenke

Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Schwenke, LL.M. commercial (Auckland)

Der Berliner Experte hilft international Unternehmen die rechtlichen Herausforderungen des Online-Marketings und des Datenschutzes zu meistern. Er ist zudem Buchautor, Co-Host des Rechtsbelehrung.com-Podcasts und Betreiber der Plattform Datenschutz-Generator.de.

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