Wie Unternehmen die Reichweite ihrer Community sinnvoll nutzen können
Content hijacking. Schon mal von diesem Begriff gehört? Nein, es geht hier nicht um klassische Hacker-Angriffe. Zwar bezieht sich „Hijacking“ ursprünglich auf das Kapern von IT-Systeminfrastruktur, aber mit dem kleinen Zusatz „content“ geht es dann doch in eine andere Richtung. Hier werden gezielt Inhalte fremder Unternehmen genutzt, um die eigenen Produkte oder Botschaften zu platzieren. Beispielsweise, indem man illegalerweise deren Inhalte kopiert und als eigene ausgibt. Ich war selbst davon betroffen, als mein privater Blog geklont wurde. Leider kenne ich viele andere Blogger*innen und Unternehmen, denen etwas ähnliches passiert ist.
Mühsam erstellte Inhalte – wertvoller Content – werden einfach automatisiert kopiert und der komplette Blog inklusive Logo identisch mit anderer Domain wieder hochgeladen. Dabei wird der Inhalt mit Spam-Links, Werbebotschaften oder Schadsoftware versehen. Ein Albtraum, gegen den man ohne IT-Fachkenntnisse kaum ankommt. Und der sich wegen duplicate content negativ auf das Google-Suchmaschinenranking des eigenen Blogs auswirkt.
Content hijacking light? Marketing auf Kosten der Content Creators
Etwas perfider ist eine mildere Variante des content hijacking, die im Bereich Marketing verankert ist. Als Blogger*in kennt man die Spam-Kommentare zu genüge, bei denen Unternehmen mit einem kurzen Nonsense-Beitrag einen Link zu ihren Produkten oder ihrer Plattform hinterlassen. Hier wird also konkret der hochwertige und aufwendig produzierte Content anderer genutzt, um Links zu eigenen Produkten zu platzieren. Sowohl SEO-Agenturen als auch Unternehmen selbst greifen gern auf diese unfeine Methode zurück.
Dass das aber richtig in die Hose gehen kann, musste die Firma Bertolli 2015 am eigenen Leib erfahren. Auf Facebook platzierte das Unternehmen mit einem plumpen Kommentar bei zahlreichen Foodblogger*innen Links zu ihrem eigenen „Rezeptblog“ voller Fertigprodukte – also content hijacking auf Social Media. Die reichweitenstarken Beiträge der Content Creators wurden also dazu genutzt, die eigenen Inhalte prominent zu platzieren. Sogar der Stern berichtete über die misslungene Aktion – und über die kreative Reaktion der Foodblogger*innen.
Die ließen sich das einfallslose Spam-Marketing nicht gefallen und starteten einen #dishstorm, bei dem sie selbst Pestorezepte kreierten, Fotos und Texte dazu erstellten und die Links zu ihren Blogbeiträgen mit ähnlichen Kommentaren wie zuvor das Unternehmen selbst auf Bertollis Facebook-Seite platzierten. Eine Retourkutsche mit Augenzwinkern, sozusagen die Bekämpfung von billigem content hijacking mit hochwertigen Inhalten.
Was lernen wir daraus? Und kann man es besser machen?
Mühsam erstellten Content hi-zu-jacken ist also alles andere als fair. Content Creators lassen daher die Finger davon – und Marken sollten ebenfalls davon absehen. Was aber durchaus geschätzt wird: Mit dem Content der anderen sinnvoll zu interagieren! Das klappt mit wertschätzenden Kommentaren, die wenn möglich einen zusätzlichen Mehrwert für das Thema bieten.
Dr. Oetker Pizza reagiert beispielsweise auf Twitter humorvoll auf Bitten um absurde neue Pizzabeläge. Meines Erachtens kann der Fertigpizza-Konzern ähnlich wie die BVG locker als best practice Beispiel für Community-Management gelten. Das Unternehmen schafft es sogar, die Reichweite der Influencer*innen (die sich eigentlich einen Spaß mit ihnen erlauben), produktiv zu nutzen. Ich sage nur „Fischstäbchen-Pizza“… Das Community-Produkt der Marke sorgte für reichlich Wirbel (und einige fassungslose Gesichter).
Wir bei Archetype sind zwar keine Fischstäbchen-Pizza-Fans, aber der Move kann sich durchaus sehen lassen. Statt content hijacking einfach die Reichweite der Community sinnvoll nutzen – das gibt ein thumps up von unserer Seite.
Eigene Inhalte sinnvoll platzieren – was Unternehmen tun können
Im Community Management ist es meist Standard, mit Hinweisen und Hintergrundinfos zu eigenen Produkten zu reagieren. Über die eigene Plattform hinaus einen Hinweis zu platzieren – auf den Profilen anderer – ist da schon heikler. Allerdings nicht unmöglich! Wir haben Tipps für euch zusammengestellt, die nicht mehr den negativen Beigeschmack des content hijacking haben:
- Beiträge, Tweets oder Reels sinnvoll oder wertschätzend kommentieren, die in Verbindung mit euren Produkten stehen. Oft haben Unternehmen ja durchaus Expertise zu Themen beizutragen und können eine Diskussion bereichern. Eine Erwähnung konkreter Produkte ist im ersten Schritt meist gar nicht notwendig – allein die Präsenz des Markennamens in den Kommentaren kann schon für mehr Reichweite sorgen. Sowohl Influencer*innen als auch die Follower*innen schauen nach – kommentiert hier wirklich die Marke meinen Podcast und spricht ein Lob aus?
- Gesprächspartner*innen wird es auch nicht übelgenommen, wenn passende Tipps oder Angebote zur Kooperation folgen. Zum Beispiel „Mit unserem neuen Mikro könntest du die Qualität deiner Audio-Beiträge noch steigern. Das haben wir extra für die Aufnahme Zuhause entworfen, um Podcaster*innen wie dir Tonstudio-Qualität bieten zu können. Wenn du es mal ausprobieren möchtest, melde dich gerne bei uns. Wir wären auf dein Feedback dazu gespannt!“
- Links zur eigenen Website lässt man am besten einfach weg, es sei denn es wird konkret danach gefragt. Meist werden Links in Social Media Kommentaren nämlich als Spam empfunden. Die Erwähnung von Produktnamen an passender Stelle reicht völlig aus.
Fazit:
Aus Fehlern (der anderen) lernt man. Selber begehen muss man sie dazu nicht – schon gar nicht mit einer kompetenten Beraterung durch Archetype😉 Unsere Consultants haben dank jahrelanger Erfahrung ein gutes Gefühl dafür, was angebracht ist und was nicht. Diese Expertise fehlt in manchen Unternehmen noch, oder Marketing-Ziele überschatten den gesunden Menschenverstand in Sachen Netiquette. Wer nach diesem Artikel Lust bekommen hat, mit uns über content hijacking, Community-Produkte wie Fischstäbchen-Pizza oder digitale PR-Strategien zu sprechen, darf sich gern melden!